8.3 Plattformübergreifende Standards

Neben der Weiterentwicklung der Ansätze zur Entwicklung plattformübergreifender mobiler Anwendungen wird es in Zukunft sicher Versuche geben, richtige plattformübergreifende Standards zu etablieren. Die in Abschnitt 2.3.2 aufgezeigte Übermacht von Apple im Markt für mobile Anwendungen zwingt die verbliebenen Anbieter und Marktteilnehmer, die nicht am Erfolg teilhaben, zum Handeln. Nur durch Zusammenarbeit haben sie eine Chance, dem Marktführer etwas entgegen zu setzen. Dies hat schon verschiedene Aktionen hervorgebracht:

SonyEricsson und Symbian integrieren PhoneGap

Im November 2009 kündigte der Endgerätehersteller SonyEricsson an, den plattform­übergreifenden Ansatz PhoneGap in sein neues Entwicklungsprodukt WebSDK zu integrieren. Die Anzahl der unterstützten Plattformen wurde zunächst auf die von SonyEricsson genutzten Plattformen Symbian und Android beschränkt. Dafür wurde das Framework um einen auf SonyEricsson und seine Produktlinie zugeschnittenen Simulator ergänzt.

Nur ein halbes Jahr später, im Juni 2010, kündigte die Firma Nitobi, die hinter PhoneGap steht, an, PhoneGap der Symbian Foundation zur Nutzung im sogenannten Web Extension Package von Symbian^3 freizugeben. Dazu wurde das Mapping auf das Symbian WRT API in PhoneGap verbessert. Damit ist es Symbian-Entwicklern möglich, Anwendungen für Symbian^3 mit Webtechniken zu erstellen.

Beide Anbieter erreichen durch diese beiden Initiativen mehr Entwickler mit ihrer Plattform und haben eine bessere Unterstützung ihrer Systeme in PhoneGap. Nitobis PhoneGap wiederum kann durch diese Unterstützung als Quasi-Standard für Hybrid-Anwendungen angesehen werden.

W3C Widgets

W3C Widgets sind lokale Web-Anwendungen nach den „Widget Packaging and Configuration“-Spezifikationen des W3C. Dieser 2006 von der Web Application Formats Working Group in die Wege geleitete und 2009 vollendete Standard spezifiziert eine „Verpackung“ und interne Ordnerstruktur, um Anwendungen in einem standardisierten Paket ausliefern zu können. Die Anwendungen sollen sowohl im Browser, als auch als Stand-Alone-Anwendung ausgeführt werden können.

Zur Erstellung der Anwendungen wird HTML, CSS und JavaScript verwendet, das in einer definierten Struktur abgelegt werden muss. Danach wird der gesamte Inhalt in einem ZIP-Archiv gepackt und mit der Dateiendung .wgt versehen.

Wholesale Applications Community, BONDI

Die Wholesale Applications Community, kurz WAC, ist ein Zusammenschluss von Netzanbietern und Geräteherstellern. Sie entstand aus der Vorgängerorganisation Open Mobile Terminal Platform, kurz OMTP. Sie beschreibt ihre Ziele wie folgt (Wholesale Applications Community, 2010):

Accelerate and expand the market for applications,
Create more compelling applications,
Provide greater choice for user [ref]Übersetzung: Den Markt für mobile Anwendungen beschleunigen und vergrößern,
unwiderstehliche Anwendungen entwickeln,
größere Auswahl für den Benutzer anbieten[/ref]

Ihre Gründung kann damit als direkte Reaktion auf Apples Dominanz im Markt der mobilen Anwendungen (vgl. Abschnitt 2.3.2) verstanden werden. Die Versuche einzelner Akteure mit eigenen Angeboten den Erfolg des Apple AppStore zu wiederholen schlugen alle fehl.

Die WAC erarbeitet eine Reihe von Vorgaben zur einheitlichen Ausstattung von Smartphones. Am wichtigsten erscheint aber die von OMTP übernommene Initiative BONDI. Sie legt eine einheitliche Schnittstelle zu allen Geräte- und Softwarefunktionen des Smartphones fest, um damit plattformübergreifende mobile Anwendungen zu ermöglichen. Der Ansatz ist sehr ähnlich dem der Hybrid-Anwendungen (vgl. Abschnitt 4.2), weshalb schon Gespräche mit PhoneGap stattfanden und langfristig eine Zusammenarbeit angestrebt wird. Auch die W3C-Spezifikationen für W3C Widgets sollen Beachtung finden, um auch beim Packaging auf vorhandene Technologie zu setzen.

Die Arbeit der WAC ist jedoch durchaus auch der Kritik von der Zielgruppe Entwickler ausgesetzt. Diese befürchten, dass die erarbeiteten Standards eher auf die Netzbetreiber aus­gerichtet werden, als die Attraktivität für den Nutzer in den Vordergrund zu stellen.

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